Bis vor kurzem gab es für die jungen Patienten des BEIT Krankenhauses im südlichen Malawi keine Möglichkeit zur spielerischen Rehabilitation. Ohne Outdoor-Einrichtungen blieben die Kinder in den Zimmern, immobil durch die körperliche Einschränkung, passiv aus Mangel an Angeboten. Ein Kooperationsprojekt zwischen niederländischen Designern und einem sozialen Produzenten hat dem Zustand einen Spielplatz entgegen gesetzt – günstig gebaut aus lokalen Ressourcen.
Malawi ist eines der am wenigsten entwickelten afrikanischen Länder. Wer hier als Designer arbeitet, steht vor besonderen Herausforderungen. Um zu vermeiden, dass von außen initiierte Projekte innerhalb kürzester Zeit brach liegen, ist es wichtig mit lokalen Materialien, Techniken und Handwerkern zu kooperieren. Das wissen die beiden Gestalter des Ambulance Playground Luc van Hoeckel und Pim van Baarsen nur zu gut. Das Duo traf sich an der renommierten Design Academy Eindhoven und entdeckte hier das gemeinsame Interesse für die Gestaltung von Lösungen für „die anderen 90 Prozent“. Unter dieser Zielgruppe wird der Teil der Weltbevölkerung zusammengefasst, der üblicherweise nicht mit professionellen Designlösungen versorgt wird. Seither haben die beiden Designer bereits Projekte in Uganda und im ländlichen Nepal umgesetzt.
Begrenzte Möglichkeiten heißen aber nicht, dass es keine Möglichkeiten gibt. Um herauszufinden, welche lokalen Materialien brauchbar und verfügbar sind, besuchten van Hoeckel und van Baarsen malawische Schrottplätze und Altmetallmärkte. Und sie fanden nahezu unbegrenzte Mengen an Reifen, Autowracks, Federn und Achsen. Ein alter Parkplatz des Krankenhauses wurde zum Bauplatz, die Produktion der Spielgeräte aus umgenutzen Schrottteilen übernahmen die Arbeiter von Sakarementa. Das Unternehmen mit sozialer Mission ist eigentlich auf die Produktion von Ambulanz-Fahrrädern spezialisiert und hat deshalb einen thematischen Bezug zum Krankenhaus und Expertise im Metallbau. Aus dem vermeintlichen Schrott, den die Gestalter zusammengetragen haben, entstanden robuste Wippgeräte, eine Drehscheibe und ein Laufrad aus alten Reifen.
Kernstück des Spielplatzes ein alter, entkernter Rettungswagen. Gefunden haben ihn van Hoeckel und van Baarsen auf einem Autofriedhof. Auf seinem Dach thront ein mit einer Vuvuzela ausgestattetes hölzernes Sonnendeck, das über ein Leiter betreten und über eine Rutsche oder eine Feuerwehr-Stange verlassen werden kann. Der über eine Rampe auch für Rollstühle zugängliche Kofferraum ist kommunikativer Treffpunkt, während in der Fahrerkabine zwei Lenkräder auf Co-Piloten warten. Das Fahrzeug ist das „Clubhaus“ des Spielplatzes, und als solches bewusst integrativ gestaltet. „Der Spielplatz fördert die Interaktion zwischen den körperlich benachteiligten Kindern und denen, die in der Nachbarschaft leben. Behinderungen werden in Afrika manchmal wenig verstanden, für die als „anders“ wahrgenommenen Kinder ist das ein großes Stigma.“ erklären die Gestalter. Der neue Treffpunkt will soziale Barrieren abbauen und die Toleranz fördern. Und hat Ziele, die über den Moment hinaus reichen. Damit das Projekt auch mit dem offiziellen Ende der Kooperation fortgeführt werden kann, ließen van Hoeckel und van Baarsen den Handwerkern von Sakaramenta Formen und Zeichnungen da – so können auf den Pionier-Spielplatz weitere folgen.
erschienen auf www.afilii.de